Erfahrungsbericht Workation

25 Jun 2025

Meeresrauschen statt Meetingraum, Surfbrett statt Kaffeetasse aus der Cafeteria:

Die Vorstellung, mobiles Arbeiten zu nutzen, um den Laptop für ein paar Tage am Strand aufzuklappen, hat zweifellos ihren Reiz. Das haben inzwischen auch viele Unternehmen erkannt und bieten flexible Arbeitsmodelle an – darunter auch die sogenannte Workation (eine Mischung aus “Work” und “Vacation”).

Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaft  von 2022 ermöglichen bereits 15,1 % der Unternehmen in Deutschland ein solches Modell. Eine aktuelle PWC-Studie aus dem Jahr 2024 zeigt: 80 % der 18- bis 29-Jährigen wünschen sich die Möglichkeit zur Workation. Und altersunabhängig würden ganze 30 % der Befragten ein Jobangebot ablehnen, wenn diese Option nicht gegeben ist. (Ich habe da übrigens meine Zweifel – in einer Onlineumfrage ist das schnell gesagt).

Und doch sitze ich nun an einem Küchentisch in Lacanau an der französischen Atlantikküste und schreibe diesen Erfahrungsbericht. Was ist passiert? Ich muss wohl David, einem guten Freund, danken, der mich auf die Idee eines gemeinsamen Surfcamps gebracht hat. Surfen hat mich immer gereizt – aber eine ganze Woche an einem Ort verbringen, nur um am Ende vielleicht eine Welle zu stehen? Auch das klang nicht wirklich nach meinen Urlaubsvorstellungen. Doch beide Ideen zusammen ergänzten sich perfekt: Wenn ich ohnehin für das Surfen an einem Ort gebunden bin – warum dann nicht gleich Arbeit und Wellen kombinieren?

So startete unsere gemeinsame Workation. Wir entschieden uns (zum Glück!) gegen das Surfcamp und buchten ein ruhiges, zweigeschossiges AirBnB mit Rückzugsmöglichkeiten und stabilem WLAN. Und was soll ich sagen? Ich bin begeistert – und habe meine Skepsis (unter den richtigen Rahmenbedingungen) vollständig abgelegt.

Am Ende gibt es insbesondere drei Faktoren, die die Arbeitswoche zu einer der angenehmsten Arbeitswochen dieses Jahres gemacht haben:

1. Klare Abgrenzung zwischen Arbeit und Freizeit

Unsere Surfstunden waren fest terminiert. Ich habe von 7 bis 10:30 Uhr gearbeitet, bin dann für drei Stunden ins Wasser und um 13:30 saß ich wieder erfrischt und gut gelaunt am Laptop. Der Arbeitstag ging dann oft bis 18 oder 19 Uhr – aber mit müden Muskeln und frischem Kopf war das überraschend angenehm. Der erwartete psychologische Druck, weder der Arbeit noch dem Urlaub gerecht zu werden, kam bei mir gar nicht erst auf.

2. Gemeinsames Arbeiten 

Ich arbeite normalerweise entweder allein im Homeoffice oder beim Kunden vor Ort. Im Homeoffice bin ich sicherlich effizient und flexibel, aber der monotone Videocall-Alltag ist oft ermüdend.  Beim Kunden versuche ich persönliche Interaktionen zu maximieren, Besprechungen möglichst vor Ort abzuhalten und checke in der Zwischenzeit hastig meine Mails, die während der letzten Präsenzbesprechung liegen geblieben sind. Das Paradox, dass eine flexible und selbstbestimmte Arbeitswelt jemanden einsam machen kann, kenne ich also zu genüge. 

Daher war ich positiv überrascht, wie angenehm es ist, mit jemandem außerhalb des eigentlichen Arbeitsalltages zusammenzuarbeiten. Erfolge, wie etwa eine gewonnene Ausschreibung, konnten schnell über den Küchentisch geteilt werden, kurze Rückfragen direkt geklärt werden, und in unmotivierten Momenten konnte man sich gut über die Learnings der heutigen Stunde austauschen. Mich hat es echt positiv überrascht, wie gut das Arbeitssetting funktioniert – auch wenn ich mich auf meinen ergonomischen Bürostuhl zuhause in Köln sehr freue.

3. Die Freude auf den Feierabend

Zu Hause empfinde ich Termine nach der Arbeit oft als Belastung („Wir müssen um 18 Uhr los, aber die Präsentation muss noch raus!“). In unserem kleinen Haus in Lacanau hingegen lief die Zeit langsamer. Ob wir um 18 oder 20 Uhr zum Strand gingen, war egal. Gleichzeitig stimmen kleine Kommentare schon frühzeitig auf die Perspektive ein, bald schon wieder mit Schlägern, Ball und Badehosen zum Strand aufzubrechen. Und wenn es später wurde – dann eben zum Sonnenuntergang.

Und was hat zum Erfolg beigetragen?

Natürlich war diese Woche auch deshalb so gelungen, weil einige Voraussetzungen stimmten:

  • Infrastruktur: Ich habe bewusst aufgerüstet – mit einem zweiten Monitor und neuen Noise-Cancelling-Kopfhörern.
  • Abstimmung im Projekt: Auch im Projektalltag habe ich meine Workation abgestimmt und klar kommuniziert, was zur Folge hatte, dass ich in vielen Regelmeetings für eine Woche aussetzen durfte. Hierdurch konnte ich deutlich selbstbestimmter meinen Arbeitsalltag gestalten und habe mich verstärkt kreativen oder strategischen Themen gewidmet. (Wobei ich mir trotzdem viel zu viel vorgenommen habe – irgendwas Operatives ist immer).
  • Rückzugsmöglichkeiten: Unser AirBnB war ruhig und groß genug. Im Surfcamp wäre fokussiertes Arbeiten – egal wie gut die Kopfhörer sind – unmöglich gewesen.

Was nehme ich mit?

Eine Woche Workation, nur um mal woanders zu arbeiten, reizt mich weiterhin wenig. Aber kombiniert mit einer Aktivität und guten Freunden wird es definitiv nicht das letzte Mal gewesen sein.

Ansonsten sind mir diese Woche nochmals einige der Herausforderungen, welche mit der dazugewonnen Flexibilität durch „New Work” entstanden sind, schmerzlich bewusst geworden:

  • Pausen machen produktiv: Die sportliche Aktivität zwischendurch hat mich frischer, motivierter und (wie ich finde) leistungsfähiger gemacht. Soweit der Projektalltag dies erlaubt, möchte ich versuchen auch in Zukunft längere Pausen einzuplanen und nicht für x Stunden alleine im Homeoffice zu sitzen – auch wenn mein Fitnessstudio sicherlich nicht ganz mit dem Atlantik mithalten kann.
  • Wir haben zu viele Meetings. Punkt.: Dieses Thema höre ich bei jedem Kunden – und nehme es mir künftig für meinen Beratungsalltag noch bewusster vor, diese zu hinterfragen und zu reduzieren.

Und ja: Ich habe mehr als nur eine Welle gestanden.

David bleibt der talentiertere Surfer – aber ich bin stolz auf meine Fortschritte. Und: Die Kombination aus Arbeit und Wellen funktioniert. Ich werde es definitiv wiederholen.

Daniel Wochnik, Geschäftsbereichsleitung Finanzdienstleistungen

Daniel Wochnik

Geschäftsbereichsleitung »Finanzdienstleistungen«

Daniel ist seit 2017 in der IT-Branche aktiv und bringt seine umfassende Erfahrung als Senior Managing Consultant und Geschäftsbereichsleiter für Finanzdienstleistungen bei atra.consulting ein. Besonders begeistert ihn das Zusammenspiel technischer, methodischer und organisatorischer Aspekte. Als leidenschaftlicher Läufer und bekennender 1. FC Köln-Fan hat er seine Leidensfähigkeit auch privat mehrfach unter Beweis gestellt. Seine Kunden unterstützt er als Softwarearchitekt, agiler Coach und Berater bei der nachhaltigen und zielgerichteten Umsetzung von Entwicklungsprojekten.

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