In Teil 1 dieser Reihe haben wir Arten von Innovationen betrachtet und festgestellt, dass selbige sich anhand verschiedener Dimensionen kategorisieren lassen, u.a. auch einer prozessualen – dem Innovationsmanagement, welches wir in diesem Beitrag genauer beleuchten werden. Dabei können wir feststellen, dass agile Vorgehensmodelle gerade im Innovationsumfeld Teil des Erfolgs sind.

Im Unternehmen muss dabei zunächst die Frage beantwortet werden, ob und wo Innovationen hervorgebracht werden sollen. Hier kommt das Management von Innovationen ins Spiel, welches gemäß Piller/Reichwald die zielgerichtete Planung, Umsetzung und Kontrolle des zugehörigen Prozesses beinhaltet und die Ausführung neuer Ideen von ihrer Schöpfung bis zur Einführung in den Markt zur Aufgabe hat. Setzen wir voraus, dass ein Unternehmen die Frage hinsichtlich Innovation grundsätzlich positiv beantwortet, wird der Innovationsprozess durch einen Impuls, sprich dem Hervorbringen kreativer Ideen/Initiativen angestoßen, wie folgende Abbildung in Anlehnung an Albers/Gassmann zeigt:

Innovationsmanagement im Unternehmensumfeld

Ideen/Initiativen können dabei nach Hauschildt/Salomo verschiedenerlei Ursprung haben, so bspw. technologische Entwicklungen, veränderte Bedürfnisse des Kunden oder auch neue Gesetzgebungen bzw. Regulierungen. Darauf folgt die Entscheidung des Unternehmens, die Idee/Initiative in den Innovationsprozess mit seinen einzelnen Phasen zu überführen, welche wir nachfolgend in Anlehnung an Verworn/Herstatt abgebildet haben:

Die Phasen des Innovationsprozesses

Egal ob eher chaotisches Start-up oder geordneter Konzern, die allgemeinen Phasen des Prozesses besitzen dabei, wenn auch vielleicht in unterschiedlicher Ausprägung, über alle Unternehmen hinweg Gültigkeit.

Am Beginn des Innovationsprozesses stehen Ideengenerierung, Ideenbewertung und -auswahl sowie Erarbeitung von Produkt- und Projektdefinitionen. Auf diese beiden Phasen 1 und 2 folgt die Entwicklung (Phase 3) sowie die Erprobung der ausgewählten Ideen in einer verkleinerten Größenordnung in Form von z. B. der Realisierung und Beurteilung von Prototypen unter Verwendung agiler Methoden wie Scrum. Kennzeichnend für diese Phase 4 ist ein experimenteller Charakter, welcher darin mündet, die Ideen entsprechend ihres späteren Anwendungsfeldes zu realisieren. Die Einführung und Verankerung der neuen Produkte oder Prozesse im Unternehmen findet in der anschließenden Durchsetzungsphase (Phase 5) statt (vgl. Paland, S. 8 f.) Dieser Phase schließt sich dann der Übergang in die Routine an. Denn Innovationen sind nicht Routine. Doch »Jede Innovation ist nach Hauschildt/Salomo (S. 62) dazu bestimmt, “irgendwann” in den Dauervollzug überführt zu werden. Nur bei dauerhafter Verwertung kann der Innovationserfolg realisiert werden.«

Die Prozessdarstellung in o.g. Abbildung verdeutlicht, dass auch Innovationsprozesse dem »klassischen« Konzept des Stage-Gate- oder auch Wasserfall-Prozesses folgen. Es ist jedoch angemessen, hier noch einmal genau hinzuschauen, da die sequentielle Abarbeitung aufgrund fehlender Informationen am Ende einer Phase (Gate) die Weiterführung der Initiative verzögern oder sogar verhindern kann (Vgl. Verworn/Herstatt S. 118). Hauschildt/Salomo (S. 35) sprechen hier von der Komplexität der Innovation bzw. der Lösung eines außerordentlich komplexen Entscheidungsproblems. Dies kann mit der Unsicherheit, insbesondere zu Beginn des Innovationsprozesses, gleichgesetzt werden. Wir hatten dies bereits grafisch in Abbildung 1 des ersten Teils dieser Reihe dargestellt. Es erscheint somit zielführender, die Phase 1 des Innovationsprozesses um eine sogenannte »Discovery Stage« zu erweitern und in zwei Teilvorgänge zu unterteilen, wie folgende Abbildung in Anlehnung an Verworn/Herstatt (S. 119) verdeutlicht:

»Discovery Stage« im Innovationsprozess

In dieser «Discovery Stage« erhalten die am Innovationsprozess beteiligten Personen den Freiraum zur Generierung neuer und kreativer Ideen/Initiativen bspw. anhand von Methoden wie dem Design Thinking oder dem Einsatz von Open Innovation, wobei externe Akteure wie der Kunde als Ideengeber, Konzeptentwickler oder auch Innovationsumsetzer in den Prozess eingebunden werden. Entsprechend kann die Phase 1.1 (Ideengenerierung) gemäß Ernst (S. 237 f.) eine schnelle, vorrangig qualitative und mit geringen Kosten versehene Voranalyse beinhalten, welche die Kriterien Markt und seine Teilnehmer, Technik/Technologie und Kosten betrachtet. Nach Ende der Phase 1.1 werden die Ideen durch ein interdisziplinäres Team bewertet. Wird der Idee zugestimmt, wird diese zur weiteren Ausarbeitung an ein kleines Team übergegeben. Anwendung kann an dieser Stelle im Innovationsprozess die im Jahr 2008 von Eric Ries ins Leben gerufene Theorie des Lean Startup finden. Der Fokus dieses Ansatzes liegt denn genau nicht auf einer langen Vorab-Planung, sondern vielmehr auf dem Einsatz von Versuch und Irrtum durch das frühzeitige »An den Markt bringen« des Produktes oder der Dienstleistung. Kernelement von Ries Theorie ist der Build-Measure-Learn Zyklus, welcher ein validiertes Lernen in Bezug auf die Wünsche des Kunden und Bedürfnisse des Marktes ermöglicht. Interaktive Produkt-Launches und sehr kurze Produktentwicklungs-Zyklen sind dabei maßgeblich. Am Ende dieser Phase 1.2 (Ausarbeitung der Idee) können gemäß Lühring (S. 159) neben der weiteren Produktdefinition die erforderlichen Technologien, geschätzte Ressourcenbedarfe der beteiligten Fachbereiche, die Erhebung von Markt- und Kundenanforderungen oder der für ein Projekt erforderliche Zeitbedarf Ergebnis sein. Ebenso relevant sind zudem die rechtliche Beurteilung sowie die Begründung des Projektes (vgl. Ernst S. 241). Diese detaillierte Analyse wird ein weiteres Mal als Abschluss der Phase 1.2 geprüft und geht bei Zustimmung in die Phase 2 des regulären Innovationsprozesses mit der konkreten Produktplanung und -spezifikation über.

Zusammenfassend können wir festhalten, dass sich der dargestellte Innovationsprozess insbesondere für inkrementelle Produktinnovationen eignet. Diese standardisierte und sequentielle Vorgehensweise ist leicht implementierbar und führt gemäß Verworn/Herstatt (S. 115) zu einer Steigerung der Effizienz. Bei radikalen sowie technologischen und in Teilen auch marktseitigen Innovationen hingegen liegt eine höhere Unsicherheit aufgrund eines Minimums an Informationen vor, weswegen o.g. genannte Ansätze wie bspw. agile Vorgehensmodelle und Lean Startup empfohlen werden. So wird der Kreativität Raum gelassen und die Generierung von Wissen und der notwendige Lernprozess in Gang gesetzt (vgl. Verworn/Herstatt S. 119).