Auch wenn derzeit keine verlässlichen Prognosen möglich sind, haben wir die uns verfügbaren Bruchstücke genommen, um ein Gefühl für die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Softwaremarkt zu bekommen. Und noch sieht es nicht so schlimm aus… [Update: Dies ist eine Aktualisierung des Artikels vom 23.4.20 ergänzt um Daten vom 30.3.20.]

Übersicht wirtschaftlicher Prognosen Januar und März 2020 © Darstellung: Schwarze Consulting GmbH – Daten: BMWi, bitkom

Verschiedene Indikatoren können dabei helfen, sich eine Meinung über die wirtschaftliche Entwicklung zu verschaffen, um so beispielsweise unternehmerische Entscheidungen fundieren zu können. Da wir im deutschen Markt für Software tätig sind, schauen wir uns regelmäßig die Prognose des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) zur Entwicklung des deutschen Bruttoinlandsproduktes (BIP) und die bitkom ITK-Marktzahlen an.

Anfang 2019 war der Ausblick auf die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland mit 1,1 % Wachstum nicht nur sehr positiv, sondern zu dem Zeitpunkt insbesondere auf Basis der Entwicklung der vergangenen Jahre auch durchaus realistisch. Noch besser, dabei aber mindestens genauso verlässlich sah es mit 6,4 % für den Softwaremarkt aus.

Mit Ausbruch der Corona-Krise in Deutschland Anfang März 2020 haben sich diese Prognosen überholt und entsprechende Aussagen sind absehbar mit einer hohen Unsicherheit behaftet. Nichtsdestotrotz haben wir in diesem Artikel vom 23.3.20 eine erste korrigierte Indikation zur Entwicklung der Wirtschaftsleistung gefunden:

»Das Finanzministerium kalkuliert Regierungskreisen zufolge 2020 mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um sechs Prozent«

Da seitens bitkom bislang noch keine korrigierten Zahlen für den ITK-Markt vorliegen, welche auch die Corona-Krise berücksichtigen, haben wir die vorhandenen Informationen absolut ins Verhältnis gesetzt, um eine erste Prognose für den Softwaremarkt ableiten zu können. Absolut bedeutet in diesem Zusammenhang, dass wir den Vorsprung von 5,3 Prozentpunkten, den der Softwaremarkt bislang bei der wirtschaftlichen Entwicklung gegenüber dem Gesamtmarkt hatte, 1:1 auf die neue wirtschaftliche Realität übertragen haben. Somit ergibt sich mit Stand vom 23.3.20 ein Rückgang des Softwaremarktes in Deutschland in 2020 von 0,7 %.

Einzelne Stellen, wie zum Beispiel auch das ifo Institut berichten zwar in Abhänggikeit von der Dauer des Shutdowns schon von einem Rückgang des BIP von bis zu 20,6 % für dieses Jahr. Wir greifen für diese Betrachtung aber nur auf Informationen aus regierungsnahen Kreisen zurück.

Diesbezüglich liegt seit dem 30.3.20 vom sogenannten »Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung« oder auch den Wirtschaftsweisen das Sondergutachten »DIE GESAMTWIRTSCHAFTLICHE LAGE ANGESICHTS DER CORONA-PANDEMIE« vor. Hierin werden drei mögliche Szenarien unter Berücksichtung der aktuellen Erkenntnisse der Corona-Krise zur Entwicklung des BIP für 2020 diskutiert. Im sogenanten Basisszenario, welches von den Wirtschaftsweisen als derzeit wahrscheinlichstes angesehen wird, geht die Wirtschaftsleistung in Deutschland dieses Jahr um 2,8 % zurück. Darüber hinaus werden zwei sogenannte Risikoszenarien vorgestellt. Das Risikoszenario »langes U« stellt sich auf ein Minus von 4,5 % ein, wohingegen der derzeitige Worstcase der Wirtschaftsweisen, das Risikoszenario »ausgeprägtes V« von einem Rückgang von 5,4 % ausgeht. Somit ist die Prognose der Wirtschaftsweisen vom 30.3.20 mit im schlimmsten Fall -5,4 % aber auch immer noch besser als die Annahme des Finanzministeriums vom 23.3.20 mit -6 %.

Entsprechend abgeleitet auf die Entwicklung des Softwaremarktes ergibt sich somit für diesen am 30.3.20 gemäß der Wirtschaftsweisen je nach Szenario für 2020 sogar noch ein Plus zwischen 0,8 % und 2,5 % oder nur ein leichter Rückgang um 0,1 %.

Auch wenn diese erste Ableitung natürlich eine Vereinfachung ist, die der Komplexität des Marktes nicht annähernd gerecht wird, halten wir sie doch für nicht ganz unrealistisch. Denn einerseits wird der Druck zur Digitalisierung an vielen Stellen durch die aktuelle Krise sogar noch steigen, kommt doch beispielsweise der Onlinehandel der aktuell erhöhten Nachfrage nicht hinterher. Und andererseits kann gerade in der IT viel Arbeit unabhängig vom Ort, also beispielsweise auch von daheim aus erfolgen. Die aktuellen Ausgangsbeschränkungen werden hier, anders als in anderen Branchen, somit auch nur geringere wirtschaftliche Auswirkungen zur Folge haben. Deutsche Unternehmen, die sich dem Thema Homeoffice gegenüber bisher eher verschlossen haben, sehen jetzt die Vorteile flexiblerer Arbeitsformen, wie zum Beispiel eine höhere Produktivität und geringere Arbeitsplatzkosten, aber auch eine geringere Umweltbelastung durch weniger Fahrten, etc. Sollte Deutschland diesbezüglich nun beispielsweise zu Skandinavien mit seiner Home Office Quote von 28 % aufschließen, könnte die Krise auch etwas Gutes haben.