Die Kosten beim Wechsel eines Mitarbeiters betragen laut einer Studie durchschnittlich 20% des Jahresgehalts. Unserer Einschätzung nach sind dabei in der ITk-Branche eher bis zu 100% realistisch, wie wir am Beispiel der Softwareentwicklung aufzeigen.

Übersicht Kostenblöcke Wechsel SW-Entwickler

Die Meta-Studie hat 31 entsprechende Untersuchungen zwischen 1992 und 2007 ausgewertet und festgestellt, dass Unternehmen rund ein Fünftel des durchschnittlichen Jahresgehalts eines Mitarbeiters durch Produktivitätsverlust, Rekrutierungs- sowie Trainingkosten aufzubringen haben. Auf die Softwareentwicklung bezogen ergibt sich folgendes Bild.

Basis unserer Betrachtung ist hierbei das durchschnittliche Jahresgehalt eines Anwendungsentwicklers mit 5 Jahren Berufserfahrung. Dies lag in Deutschland 2014 bei 60.000 €.

Die Kosten für Stellenausschreibungen sind individuell sehr unterschiedlich verteilt. Personalvermittler verlangen regelmäßig eine Vermittlungsprovision zwischen 20% und 30% des Jahresgehalts, weshalb wir für die »externen« Kosten rund um Ausschreibung, Personalmarketing, etc. entsprechend 25% oder 15.000 € ansetzen.

Die »internen« Kosten liegen unser Erfahrung nach bei 75% oder 45.000 € und setzen sich wie folgt zusammen. Drei Vorstellungsgespräche mit drei Kandidaten sowie drei Mitarbeitern und jeweils rund einer Stunde für Vor- und Nachbereitung sowie zwei Stunden für die Durchführung ergeben rund 100 Stunden für Interviews für eine Einstellung. Amazon veranschlagt pro Kandidat übrigens rund 20 Stunden Aufwand. Bei einer moderaten Erfolgsquote von 20% liegen die von uns angesetzten 100 Stunden also auch im Vergleich mit Amazon durchaus realistisch. Mit einem internen Kalkulationssatz von 100 € pro Stunde sind für Interviews folglich rund 10.000 € zu kalkulieren.

Außerdem entstehen intern beim wechselnden als auch neuen Mitarbeiter noch weitere Kosten. Im Schnitt gehen wir von drei Monaten Kündigungsfrist bei einem Mitarbeiter aus, davon setzen wir 1,5 Monate für Übergabe und 1,5 Monate Produktivätsverlust, somit 15.000 € an. Der neue Mitarbeiter benötigt drei Monate oder 15.000 € für die Einarbeitung und ist anfänglich vermutlich auch noch nicht so produktiv, was wir hier mit weiteren 5.000 € ansetzen, womit wir bei 60.000 € oder eben 100% angelangt sind!

Dies ist natürlich ein Maximalansatz und durch erfolgreiches Personalmarketing lassen sich die direkten »externen« Kosten erfahrungsgemäß reduzieren. Andererseits kosten Personalmarketingmaßnahmen aber auch, so dass an diesem Block kalkulatorisch wenig zu rütteln ist. Ebenso halten wir die Interviewkosten für sehr realistisch. Einzig bei den Kosten hinsichtlich Produktivitätsverlust und Übergabe sehen wir Spielraum, evtl. auch noch bei der Einarbeitung. Im Optimalfall entsteht kein Produktivitätsverlust und die Übergabe ist mit einem Monat bzw. 5.000 € erledigt, genauso wie die Einarbeitung und Anlaufphase mit jeweils einem Monat angesetzt werden könnten. Somit wäre dieser Kostenblock im Minimalansatz mit 15.000 € statt 35.000 € zu beziffern, was die Gesamtkosten für den Wechsel eines Softwareentwicklers dann von 60.000 € auf 40.000 € oder 2/3 im Idealfall brächte; immer noch erheblich über den in der Studie genannten durchschnittlichen 20%!

Einige Punkte haben wir hier bewusst nicht angesetzt. So wird der neue Mitarbeiter bspw. in der Regel ein höheres Gehalt aushandeln und es besteht auch die berechtigte Chance, dass der neue Mitarbeiter besser ist (siehe Amazons »Bar Raiser«-Ansatz). Gleichzeitig besteht aber auch das Risiko, dass er in der neuen Umgebung doch nicht die gewünschte Leistung bringt und man sich vielleicht im Rahmen der Probezeit sogar wieder voneinander trennen muss. Und den berüchtigten 10x-Entwickler gibt es ja nun leider doch nicht. Somit kann dem kaufmännischen Vorsichtsprinzip folgend im besten Fall mit der Aufrechterhaltung des Status Quo kalkuliert werden, was bedeutet, dass ein Softwareentwickler, welcher ein Unternehmen verlässt, selbiges bis zu einem Jahresgehalt kostet!

Es lohnt sich also gerade auch finanziell, in die bestehende Mannschaft und Mitarbeitungbindung zu investieren und sich über die Managementkultur in der eigenen Softwareentwicklungseinheit Gedanken zu machen, denn »Mitarbeiter kommen zu Unternehmen und verlassen Führungskräfte« – erwiesenermaßen.