Schwarze Consulting veröffentlicht Studie zu alternativen Wartungsmodellen im Umfeld mittelständischer ERP-Anwender.

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Das Fachmagazin IT Mittelstand greift in seinem Artikel »ERP-Anwender überdenken Wartungsverträge« die Schwarze Consulting Studie »alternative Wartungs- und Betreuungsmodelle im Umfeld mittelständischer ERP-Anwender« auf, welche im Folgenden ausführlich beschrieben wird.

Einleitung

ERP-Anbieter können sich bislang gut kalkulierbarer Erlösströme aus Lizenz-, Service- und Wartungsumsätzen erfreuen, wobei Letztere mit über 40% den Großteil der Einnahmen eines entsprechenden Softwareunternehmens ausmachen:

Diagramm Anteil der Wartungserlöse

Abbildung 1: Aufteilung der Umsatzerlöse von ERP-Anbietern (basierend auf: Der ERP-Markt wächst)

Die Erneuerungsraten der Wartungsverträge sind mit weit über 90% zwar sehr hoch, dieses Geschäftsmodell gerät aber zunehmend unter Druck. Zum Einen sind die Anwender, sicherlich auch der Finanzkrise geschuldet, nicht mehr bereit, jährliche Wartungsgebühren von bis zu über 20% auf den Lizenzpreis ohne entsprechende Gegenleistung zu bezahlen. Zum Anderen entstehen derzeit neue Geschäftsmodelle, wie zum Beispiel Software as a Service (SaaS), bei denen der Anwender nur noch eine regelmäßige Gebühr für die Nutzung der Software an den meist neuen Anbieter entrichtet. Das Marktvolumen für ERP-Software nach diesem neuen Auslieferungsmodell umfasste in 2009 bereits 1,2 Mrd. USD - Tendenz steigend. Die etablierten Unternehmen im ERP-Umfeld, wie z.B. SAP, haben bislang noch keine überzeugende Antwort auf diese Herausforderung im Markt positionieren können.

Eine von der Computerwoche durchgeführte Umfrage gibt einen aktuellen Einblick in das Thema Wartung und spiegelt aufgrund der Marktverhältnisse sicherlich sehr deutlich die Position der SAP- und Oracle-Anwender hinsichtlich Wartung im Allgemeinen wider.

Die von Schwarze Consulting im Zeitraum 25.11.2009 bis 14.12.2009 durchgeführte Befragung zum Thema alternative Support-Modelle fokussiert sich deshalb bewusst auf die Anwender mittelständischer ERP-Software. Da der Unmut zu diesem Thema auf Anwenderseite hinlänglich bekannt ist, sollte darüber hinaus ermittelt werden, inwieweit die Unternehmen sich bereits mit Alternativen auseinander setzen.

Diese Studie zeigt, dass Bewegung in den Wartungsmarkt für mittelständische ERP-Unternehmen kommt. Die Anwender hängen zwar an ihrer Software, nicht aber am Hersteller: Preis / Leistung und insb. Service stimmen hier nach Meinung der Befragten nicht.

Schwarze Consulting unterstützt als »Anwalt des Kunden« mit seinem Bereich taktische IT-Beratung mittelständische Anwender-Unternehmen bei der Optimierung ihrer IT-Dienstleister-Beziehungen. Dabei konzipieren und führen wir neue Wartungsmodelle ein, wodurch wir für unsere Kunden erhebliche Kostenreduzierungen bei gleichzeitiger Verbesserung der Servicequalität erzielen können.

Auswertung der Umfrage

Auf die Frage, ob sie bereits heute alternative Wartungsmodelle für ihre eingesetzte ERP-Software kennen, antworteten nur 29% mit Ja; nahezu 3/4 der Anwender-Unternehmen wissen nicht, dass es Alternativen zur Wartung ihrer ERP-Software durch den Hersteller gibt:

Diagramm Kenntniss um alternative Wartungsmodelle

Abbildung 2: Kennen Sie bereits heute alternative Wartungs- und Betreuungsmodelle für Ihre eingesetzte ERP-Software?

Ein entsprechendes Schattendasein führen die Anbieter alternativer Wartungsmodelle: 2/3 der Anwender kennen keine entsprechenden Dienstleister. Hier mögen öffentlichkeitswirksame Prozesse, wie z.B. Oracle gegen Rimini Street helfen. In Summe lässt sich aber attestieren, dass Alternativen zur Herstellerwartung noch nicht zu den Anwendern durchgedrungen sind:

Diagramm Kenntniss um Anbieter alternativer Wartungsmodelle

Abbildung 3: Kennen Sie entsprechende Anbieter alternativer Wartungs- und Betreuungsmodelle für Ihre ERP-Software?

Die etablierten Anbieter von ERP-Software können sich somit ihrer Position als Wartungsdienstleister der Wahl zumindest kurzfristig noch relativ sicher sein, da die Kunden sich mit Alternativen noch nicht ernsthaft auseinander setzen. Interessanterweise können sich aber trotz dieses Umstandes immerhin rund 3/4 der Befragten vorstellen, in ihrem Unternehmen zukünftig auf alternative Wartungsmodelle zu setzen. Die Bereitschaft zu wechseln ist also unabhängig von der Kenntnis des Marktes vorhanden:

Diagramm Bereitschaft zum Einsatz alternativer Wartungsmodelle

Abbildung 4: Könnten Sie sich vorstellen, in Ihrem Unternehmen auf alternative Wartungs- und Betreuungsmodelle zu setzen?

Laut Studie der Computerwoche setzen sich aktuell nur 35% der Befragten mit Software as a Service als Alternative zum klassischen Software-Liefermodell auseinander. Die Bereitschaft auf alternative Wartungsmodelle, wie z.B. Wartung durch einen Drittanbieter zu setzen, ist mit 76% also signifikant höher, als die Bereitschaft, alternative Liefermodelle einzusetzen.

Insgesamt sind die Anwender mit der Betreuung durch ihren aktuellen Dienstleister interessanterweise mit 57% überwiegend zufrieden bis sehr zufrieden; die hohe Bereitschaft, alternative Wartungsmodelle einzusetzen, hätte eine entsprechend höhere Unzufriedenheit vermuten lassen. Unzufrieden bis sehr unzufrieden sind aber nur 19% und 24% der Befragten sind hinsichtlich der Einschätzung der Betreuung durch ihren aktuellen Dienstleister noch unentschlossen:

Diagramm Übersicht Zufriedenheit mit aktueller Wartungssituation

Abbildung 5: Sind Sie mit der Betreuung durch Ihren aktuellen Dienstleister zufrieden?

Diese positive Grundhaltung dem Dienstleister gegenüber spiegelt sich auch in der detaillierten Einschätzung wieder: obwohl bspw. das Preis-/Leistungsverhältnis der Wartung am schlechtesten abschneidet, sind trotzdem mit 52% noch über die Hälfte der Anwender mit ihrem Dienstleister diesbzgl. zufrieden:

Diagramm Details Zufriedenheit mit aktueller Wartungssituation

Abbildung 6: Wie beurteilen Sie die folgenden Merkmale Ihres Dienstleisters?

Das eingesetzte Produkt bewerten die Anwender sowohl hinsichtlich der Qualität (90%) als auch des Preis-/Leistungsverhältnisses (86%) durchweg positiv, einzig die Benutzerfreundlichkeit fällt hier mit 62% nicht mehr so deutlich positiv auf. Anders formuliert: Fast 40% der Anwender sind nicht zufrieden mit der Benutzerfreundlichkeit ihrer ERP-Software. Bei Service und Betreuung müssen die Anbieter auch noch nachbessern.

Es lässt sich ableiten, dass die ERP-Anbieter in den Augen der Anwender zwar gute Hersteller, aber weniger gute Dienstleister sind. Interessanterweise nehmen sich die Hersteller genau anders herum wahr: in einer von der Munich Strategy Group durchgeführten Befragung von Softwareunternehmen gaben 90% an, sich durch ihr Serviceangebot vom Wettbewerb zu differenzieren; das Produktangebot landete mit 80% nur auf Platz 2.

Die produktbezogenen Merkmale sind den Anwendern hierbei auch eindeutig am wichtigsten, dann erst folgen die eher service-orientierten Merkmale, wie z.B. Reaktionszeit, Preis/Leistung der Wartung und Betreuung sowie Kundenservice. Interessant ist hier die Reihenfolge: die Reaktionszeit ist den Anwendern wichtiger als der Preis. Im Umkehrschluss wären sie also bereit, für eine zeitnahe Bearbeitung ihrer Anliegen auch zu bezahlen. Die geographische Ausprägung oder Größe des Herstellers spielt für die Anwender-Unternehmen nur eine untergeordnete Rolle:

Diagramm Wichtigkeit von Service-Merkmalen

Abbildung 7: Wie wichtig sind Ihnen die einzelnen (Service-)Merkmale?

Trotz Kritik in einzelnen Bereichen sind erstaunlicherweise aber immerhin 62% der Anwender bereit, die eingesetzte Software, den aktuellen Hersteller, dessen Service oder alle drei Bereiche weiter zu empfehlen – die Kundenbindung im Markt für ERP-Software ist also vergleichsweise hoch:

Diagramm Weiterempfehlungsrate für ERP-Anbieter im Mittelstand

Abbildung 8: Würden Sie die Software, den Service und das Unternehmen weiter empfehlen?

Die Wartungskosten mittelständischer Anwender liegen überwiegend zwischen 10% und 15% der Lizenzkosten. Hieran wird deutlich, dass SAP im Mittelstand nach wie vor nicht dominant ist, da die entsprechenden Wartungskosten für SAP-Software zwischen 18% und 22% rangieren. Immerhin 10% der Anwender verzichten ganz auf einen Wartungsvertrag für ihre ERP-Software:

Diagramm Ist-Wartungskostenanteil bezogen auf Lizenzpreis im Mittelstand

Abbildung 9: Wie hoch liegen die Wartungskosten Ihrer ERP-Software in Relation zu den Lizenzkosten?

Der Mehrheit der Anwender ist die Wartung aber nur 5% bis 10% des Lizenzpreises wert. Das Preis-Premium von 5%-Punkten, welches die Hersteller hier nach wie vor erzielen, erklärt sich aus der Monopolstellung der ERP-Anbieter: hat sich ein Anwender für ein Produkt entschieden, sieht er derzeit noch wenig Alternativen für die Wartung (siehe auch oben). Über die durchschnittliche Einsatzzeit einer ERP-Software von 8-10 Jahren (siehe auch ERP-Expo_2006_ERP-Auswahl Seite 3) hat der Hersteller den Lizenzpreis also über die Wartung mindestens noch mal erlöst:

Diagramm Soll-Wartungskostenanteil bezogen auf Lizenzpreis im Mittelstand

Abbildung 10: Was dürfte die Leistung Ihrer Meinung nach Kosten? (Wartungskosten bezogen auf den Lizenzpreis)

Empfehlungen

Unsere Empfehlungen zur Optimierung Ihrer Wartungssituation folgen der »Politik der kleinen Schritte« – das ERP-System bildet i.d.R. das Rückgrat Ihrer Organisation und an dieser zentralen Stelle halten wir ein evolutionäres Vorgehen für sinnvoller als ein revolutionäres.

Zunächst einmal ist der Wartungsvertrag an sich zu prüfen. Üblicherweise haben diese Verträge eine einjährige Laufzeit, enden zum 31.12. eines Jahres und sind mit drei Monaten Kündigungsfrist kündbar. Der Stichtag für Änderungen welcher Art auch immer ist somit der 30.9. des Jahres. Kurz vor diesem Datum ist die Bereitschaft des Herstellers, Zugeständnisse zu machen, sicherlich größer als kurz danach. Und Einsparungen sind gemäß der Capgemini Studie IT-Trends 2009 möglich: »Wartungs- und Lizenzkosten können derzeit durch Nachverhandlungen gesenkt werden, ohne spürbare Reduktion der Leistung«.

Der vertragliche Leistungsumfang sollte geprüft werden. Zum einen hinsichtlich Ihres Bedarfs, denn ggf. liegt eine Überdeckung vor. Muss es heute wirklich noch der in der initialen Einführungsphase der Software sicherlich notwendige Premium-Service sein oder reicht nicht auch Standard? Zum anderen aber auch, um dies mit der Realität der Leistungserbringung durch den Hersteller abzugleichen und ggf. hierüber Einsparungen zu ermöglichen.

Die zur Reduzierung von Wartungskosten speziell im Umfeld SAP genannten Empfehlungen, wie z.B. ein aktives Lizenzmanagement, da sich die Wartungsgebühren i.d.R am Lizenzpreis orientieren, lassen sich natürlich ebenso auf andere ERP-Systeme anwenden. Nur funktioniert dies in den seltensten Fällen retrograd, weshalb wir empfehlen, sich mit den Alternativen auseinander zu setzen.

Verschaffen Sie sich einen Marktüberblick über alternative Wartungs-Modelle und -Anbieter; die Optionen zu kennen hilft, auch wenn man sie noch nicht einsetzt. In Verhandlungen mit dem Hersteller kann sich dieser „psychologische“ Vorteil durchaus in barer Münze bezahlt machen.

Wenn Sie ernsthaft über alternative Wartungs- und Betreuungsmodelle für Ihre ERP-Software nachdenken, sollten Sie taktisch vorgehen:

  • Wie lange wollen Sie die aktuelle Software noch einsetzen? Bei einem anstehenden Wechsel des Systems in den nächsten drei Jahren lohnt sich der Einsatz eines alternativen Anbieters in der Regel nicht mehr!
  • Steht noch ein Releasewechsel an? Dann kann es durchaus sinnvoll sein, diesen noch im Rahmen der bestehenden Wartung umzusetzen und erst anschließend Alternativen in Betracht zu ziehen!
  • Testen Sie unterschiedliche Anbieter, in dem Sie dezidierte Betreuungsaufgaben von einzelnen Anbietern bearbeiten lassen, bevor Sie die gesamte Wartung an einen neuen Anbieter geben. Neben dem Preis ist es ja meistens gerade der mangelnde Service des Herstellers, der zum Wechsel ermutigt. Und man möchte ja nicht vom Regen in die Traufe kommen.
  • Brauchen Sie überhaupt einen Wartungsvertrag? Wie häufig kommt es zu schweren Fehlern in der Standard-Software? Wie häufig ist der Kern der Software gesetzlichen Änderungen unterworfen? Lassen sich selbige ggf. auch außerhalb des Standards realisieren? Ist der Weg aus dem Wartungsvertrag eine Sackgasse oder können Sie ggf. wieder zurück?

Gerade der letzte Punkt bietet natürlich das größte Einsparpotential, wirft aufgrund seines erhöhten Risikopotentials aber auch die meisten Fragen auf, sollte sorgfältig geprüft sowie durch entsprechende Maßnahmen und Partner abgesichert werden.

Zusammenfassung

Diese Studie hat gezeigt, dass Bewegung in den Wartungsmarkt für mittelständische ERP-Unternehmen kommt. Die Anwender hängen zwar an ihrer Software, nicht aber am Hersteller, da hier weder der Preis stimmt, noch die Leistung und insb. der Service als ausreichend erachtet wird. Die größte Gefahr droht den ERP-Anbietern dabei derzeit durch alternative Wartungsmodelle und noch nicht durch neue Liefermodelle, wie bspw. SaaS.

In Kenntnis dieser Situation ist es umso erstaunlicher, dass die ERP-Anbieter ihre Cash Cow Wartung so stiefmütterlich behandeln - eine Kuh kann man zwar melken, aber nur so lange, bis sie geschlachtet wird.

Und Alternativen gibt es, wie die Empfehlungen gezeigt haben: von einfachen Kostenoptimierungsmaßnahmen über einen anderen Anbieter bis hin zum sicherlich riskanten aber möglichen vollständigen Verzicht auf einen Wartungsvertrag. 10% der Anwender sind schon heute bereit, diesen Weg zu gehen!